Neuroathletik Training Augen – Testung visuelles System

Neuroathletik Training Augen – Testung visuelles System

Neuroathletik Training Augen ist ein spannendes Thema und einige von euch habe mich gefragt, wie man das visuelle System, das Gleichgewichtssystem und die Wahrnehmung am besten testen kann. Dafür habe ich wieder den Experten David Hillmer eingeladen.

Heute geht es ums Thema Augen beziehungsweise das visuelle System und dessen Testung. Um genauer zu sein, testen wir heute die periphere Wahrnehmung

Wie du bereits weißt, ist die periphere Wahrnehmung eine der 6 Hauptaufgaben der Augen – mehr dazu im Artikel Neuroathletik Augentraining – Das solltest du wissen.

Was ist periphere Wahrnehmung?

Schauen wir einen Punkt im Raum an: Hier können wir fast schon jedes einzelne Detail ganz scharf erkennen. Das ist unser Fokuspunkt. Wir stabilisieren unseren Blick auf diesen einen Punkt.

Doch alles andere, was gerade außen rum um uns passiert, können wir trotzdem wahrnehmen, ohne gezielt hinzusehen.

Sprich Peripherie ist all das, was wir über das visuelle System wahrnehmen können, ohne wirklich draufzuschauen.

98 % der Informationen, die wir aus den Augen bekommen, sind unscharf, weil sie eben aus der Peripherie stammen und nur 2 % der Informationen, die unser visuelles System bekommt, sind scharf.

Wichtigkeit der peripheren Wahrnehmung

Wenn 98 % unserer gesamten visuellen Information aus der Peripherie stammen, ist das für die Orientierung im Raum sehr wichtig.

Ein scharfes Sichtfeld von maximal 2 %, würde einen maximalen Tunnelblick darstellen. Um uns herum würden wir nichts mehr mitbekommen.

Praxisbeispiel Fußball

Nehmen wir als Beispiel den Fußball: Du bist zentraler Mittelfeldspieler. Welche Anforderungen kommen auf diese Position aus der Peripherie zu?

Als zentraler Mittelfeldspieler muss man sich ringsum, also 360°, orientieren können. Besser gesagt 180-190°, das entspricht dem maximalen Winkel, den wir als Mensch wahrnehmen können.

Der Spieler befindet sich gerade in einer Angriffssituation, hat den Ball selbst an den Füßen und er probiert über die Peripherie verschiedene Laufwege seiner Mitspieler wahrzunehmen – ebenso wie das gegnerische Abwehrverhalten.

Jetzt erinnern wir uns nochmal daran: Visuelle Informationen oder allgemein sensorische Informationen fließen an das Gehirn, damit es eine Entscheidung treffen kann.

Sprich unser Sportler nimmt viele visuelle Informationen wahr, um dann beispielsweise die Entscheidung zu treffen, dem Stürmer einen Ball in den Lauf zu spielen.

Das als ein kleines Praxisbeispiel, warum die Peripherie so wertvoll und wichtig ist. Bist du nun aber kein Ballsportler, sondern kommst aus dem Bereich des Kraftsports, ist die periphere Wahrnehmung auch von großer Bedeutung.

Praxisbeispiel Krafttraining

Die hierarchische Anordnung (visuelles vor vestibulärem vor propriozeptiven System, genauer im Artikel “Neuroathletik Training – Grundlagen einfach erklärt”) ist nicht nur für unseren gesamten Organismus und unser zentrales Nervensystem wichtig, sondern jetzt auch im Falle des Bankdrückens relevant.

Sind hier Einschränkungen im visuellen System vorhanden, also bei Input-betreffenden Informationen, würde sich das Gehirn nicht sicher fühlen und nicht so kluge Entscheidungen treffen können.

Darunter leidet dann z. B. der Output beziehungsweise in diesem Fall der Kraftoutput, sprich dein Körper kann nicht so viel Kraft produzieren.

Wenn du also selbst beim Bankdrücken Einschränkungen im peripheren Sichtfeld hast, würde das bedeuten, dass dein Nervensystem “bedroht” ist, weil es die Peripherie nicht klar wahrnehmen kann.

Sieht man also beim Bankdrücken nur 2 %, bedeutet das, dass man die Bankdrückbewegung, die in der Peripherie stattfindet, nicht wahrnehmen kann.

Demnach hat dein Gehirn weniger Informationen zur Verfügung und die Qualität des Outputs, also die Kraftproduktion sinkt.

Am besten führst du das mal mit einem Test und einem Re-Test durch. Man kann nicht nur Beweglichkeitstests oder Balancetests machen, sondern auch Krafttests.

Das heißt, jede Intervention der Inputsysteme hat eine Konsequenz auf unser Outputsystem (z. B. Kraftproduktion).

Vereinfacht gesagt bedeutet das:
1 | Ihr schafft beim Bankdrücken mit 100 Kilo 6 Wiederholungen.
2 | Danach macht ihr eine Übung zur Verbesserung der peripheren Wahrnehmung.
3 | Im Idealfall schafft ihr nun mehr Wiederholungen/Gewicht.

Vielleicht kennen sich einige von euch mit der RPE-Skala (Rate of Perceived Exertion) aus. Das ist die Anstrengung, die ihr bei Belastung spürt auf eine Skala von 0-10 rsp. 6-20

Im Falle des Bankdrückens also: Wie sehr strengt dich das 100 kg Bankdrücken an? Ist diese Anstrengung nach einem Drill niedriger oder ist sie gleich geblieben beziehungsweise fiel dir sogar schwerer?

Periphere Wahrnehmung spezifisch testen

In diesem Beispiel testen wir das Jonglieren.

Bevor wir nun einen Drill zur peripheren Wahrnehmung durchführen, lassen wir zuerst die zu testende Person Jonglieren (Pre-Test) und schauen uns dabei das Bewegungsmuster an.

Danach fragen wir sie subjektiv, welche Sicherheit sie auf eine Skala von 1-10 (10 ist das Sicherste, dich hätte nichts aus der Ruhe bringen können) verspürte.

Neuroathletik Training Augen Übung Periphere Wahrnehmung 1
Neuroathletik Training Augen Übung Periphere Wahrnehmung 2

Bei unserer Testung gab ich einen Wert von 8 beim Pre-Test an.

Nach dem Pre-Test geben wir der Person einen peripheren Stimulus. Dabei gibt es eine große Auswahl an Übungen. Für euch haben wir uns zwei Übungen herausgepickt.

Vorab als Tipp: Um eine bestmögliche Verbesserung der peripheren Wahrnehmung, aber auch generell, zu gewährleisten, ist es wichtig, kontextspezifisch zu arbeiten. Sprich wenn du die periphere Wahrnehmung beim Jonglieren verbessern möchtest, solltest du bei der Übung am besten auch jonglieren.

Deswegen jongliere ich bei der ersten Übung auch, während David mir dabei diverse Zahlen mit seinen Fingern zeigt. Diese muss ich dann während der Übung sagen. Das heißt, ich werde jonglieren, ohne auf Davids Finger zu schauen. Diese muss ich in der Peripherie wahrnehmen.

Neuroathletik Training Augen Übung Periphere Wahrnehmung Extra Stimulus 1
Neuroathletik Training Augen Übung Periphere Wahrnehmung Extra Stimulus 2

Möglichst zeitnah, am besten direkt danach, führst du den Re-Test durch. Dafür machen wir den gleichen Test wie am Anfang auch. Dabei schauen wir, ob mir das Jonglieren nun leichter oder schwerer fällt beziehungsweise, ob überhaupt eine Veränderung wahrnehmbar ist.

Diese Information ist subjektiv und vom Coach zu erfragen. Die Bewegungsamplitude/-höhe etc. der Bälle können wir dagegen schon von außerhalb sehen. Hier kann man schon einige Dinge erkennen. Dafür musst du natürlich erst einmal ein Gespür entwickeln, das sogenannte “Coaches Eye”, anfangs ist das Erkennen der Bewegungsqualität etwas kompliziert.

Nach dem Re-Test hat David ein erstes Feedback von mir eingeholt. Wichtig beim Einholen eines Feedbacks ist, dass du den Athleten nicht fragst, ob es besser oder schlechter war, also eine Suggestivfrage stellst. Eine offene Frage, bei der dem Athleten die Antwort nicht in den Mund gelegt wird, ist deutlich sinnvoller.

Jetzt aber zum Ergebnis des Re-Tests:
David ist aufgefallen, dass meine Amplitude vor allem von der Höhe her stark reduziert war und meine Ellenbogen deutlich näher am Körper waren. Sprich es gab weniger Seitenwechsel von rechts nach links.

Das ist generell gesagt der Einfluss von Peripherie auf ein komplizierteres Bewegungsmuster.

Periphere Wahrnehmung allgemein testen

Eine weitere Möglichkeit, die Peripherie zu testen, ist der “Rabbit Drill”.

Dabei fixiere ich einen Punkt frontal vor mir und verweile mit meinen Augen auf diesem Punkt. David steht hinter mir und bewegt seine Finger geformt als “Hase” an meinem Kopf vorbei.

Neuroathletik Training Augen Übung Periphere Wahrnehmung Rabbit Drill Startposition
Neuroathletik Training Augen Übung Periphere Wahrnehmung Rabbit Drill Endposition

Sobald ich diesen “Hasen” wahrnehme, sage ich ein zuvor ausgemachtes Kommandowort, in unserem Fall “Hepp”.

Vergiss nicht rechts/links und oben/unten im Seitenvergleich zu testen.

Du teilst also das periphere Sichtfeld in vier Quadranten ein, ähnlich eines Koordinatensystems, um zu schauen, ob grobe Auffälligkeiten in einem der Quadranten zu erkennen sind.

Sollte es der Fall sein, dass dir kleine Unterschiede auffallen, vor allem zwischen rechts und links, dann können wir das auftrainieren.

Solltet ihr allerdings feststellen, dass ein kompletter Ausfall in einem Quadranten vorhanden ist, dann schickt ihr die Person sofort weiter ans medizinische Fachpersonal

Es könnte nämlich ein Symptom sein von noch ganz anderen, viel tiefgründigen, pathologischen Fällen. Das ist dann nicht mehr Aufgabenbereich von uns Physiotherapeuten/Sportwissenschaftlern etc.

Ansonsten heißt es aber auf jeden Fall das periphere Sehen aufzutrainieren, weil es einen immens großen Einfluss auf unseren Output hat.

Ich hoffe, dass du viel aus diesem Artikel mitnehmen konntest und dass du jetzt weiß, wie man die periphere Wahrnehmung testen kann.

Wenn du irgendwelche Fragen zu diesem Thema hast, dann schreib uns gerne via Instagram oder per Mail.

Auch David steht dir dazu gerne Rede und Antwort. Folgt auch ihm auf Instagram für mehr spannenden Content zum Thema des Neuroathletik Trainings.

Ansonsten hoffe ich sehr, dass dir diese Übungen weitergeholfen haben und auch noch weiter in deinem Training helfen werden.

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann würde ich mich sehr darüber freuen, wenn du den Artikel mit deinen Freunden, Bekannten etc. teilst.

Bleib’ in Bewegung!

Gino

PS: Das Beitragsbild ist von v2osk.

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