Neuroathletik – So funktioniert dein Gehirn

Neuroathletik – So funktioniert dein Gehirn

Um Neuroathletik Training wirklich verstehen zu können, muss man begreifen, wie das Gehirn überhaupt Informationen aufnimmt, verarbeitet und dann eine Antwort generiert. Und damit beschäftigt sich der heutige Blog Artikel.

Die Funktionsweise des Nervensystems

Um dir ein Grundverständnis über das Thema des Neuroathletik Trainings zu geben und zu erklären, worum es hier überhaupt geht, bin ich bereits in einem anderen Artikel auf ein paar generelle Punkte eingegangen.

Falls du mit dem Begriff des Neuroathletik Trainings noch wenig anfangen kannst, dann les dir gerne zuerst den Artikel durch, bevor du hier weiterliest.

Hier geht’s zum Artikel: Neuroathletik Training Grundlagen 

Wenn es um die Funktionsweise des Nervensystems geht, dann sind drei Punkte elementar wichtig, welche auch schon im Grundlagenartikel aufgezeigt wurden. Jetzt möchte ich aber etwas mehr ins Detail gehen 😊

Zuerst müssen wir uns die Frage stellen:

Wie nimmt dein Gehirn überhaupt Informationen auf? Wie kommen Informationen aus der Umwelt, aus deinem Körper zum Gehirn? Hier spricht man vom sogenannten Input. 

Schritt #1: Input

Der Input entsteht mittels drei unterschiedlicher Wahrnehmungsformen: 

1. Die Exterozeption

Zum einen ist für den Input die Exterozeption (extero = außen; recipere = aufnehmen) zuständig, also die Außenwahrnehmung.

Sprich, immer, wenn du jetzt das Wort “Zeption” hörst (Nozizeption, Interozeption, Exterozeption, Propriozeption), dann handelt es sich immer um die “Wahrnehmung”.

Die Exterozeption befasst sich also mit der Wahrnehmung der Umwelt und dafür hast du deine fünf Sinne (riechen, tasten, schmecken, hören, sehen).

Diese Informationen werden zu jedem Zeitpunkt zu deinem Gehirn weitergeleitet und dort dann verarbeitet, interpretiert und dann wird ein Output generiert. Mehr dazu später. 

2. Die Interozeption

Der zweite Bereich ist die sogenannte Interozeption. Dabei steht “intero” für “Innen”, also wie du dein Körperinneres wahrnimmst.

Das können Informationen aus deinen viszeralen Organen, also aus deinen Organen im Bauchraum, deine Atemfrequenz, deine Herzfrequenz oder deine Thermoregulation sein – also wie du den Wärmezustand (“Thermo”) deines Körpers regulierst.

Wenn dir beispielsweise kalt ist, fängst du an zu zittern oder wenn dir warm ist, fängst du an zu schwitzen. Und zuletzt die Selbstwahrnehmung, was dann im Bezug auf Gewichtsverlust etc. sehr wichtig ist.

Hast du zum Beispiel das Gefühl, dass der Arm zu dir gehört, beziehungsweise, wenn wir über Gewichtsverlust reden, dass der Bauch überhaupt Teil deines Körpers ist oder hat dieser Teil des Körpers sich von dir entfremdet? Aber das ist wie gesagt dann eher in Bezug auf Gewichtsverlust sehr relevant. 

3. Die Propriozeption

Als drittes Teilgebiet, das dann im Prinzip auch zur inneren Wahrnehmung – der Interozeption – gehört, aber man trotzdem getrennt voneinander betrachtet, behandeln wir die sogenannte Propriozeption (proprio = selbst), also die Selbstwahrnehmung.

Dafür sind nun einige Rezeptorarten, die Informationen aufnehmen, sehr wichtig. Das sind zum einen die Barorezeptoren (auch Pressorezeptoren), die den Druck in den Gefäßwänden wahrnehmen und diese enger oder weiter stellen können, um z. B. den Blutdruck zu regulieren. 

Zum anderen gibt es auch noch Nozizeptoren, welche fälschlicherweise häufig als Schmerzrezeptoren tituliert werden.

Sie schicken aber lediglich nur Informationen zu deinem Gehirn, die dann von deinem Gehirn als Gefahr beurteilt werden oder nicht.

Sie nehmen also eigentlich nur Informationen auf und die Interpretation eben dieser Information, ob Schmerz oder Gefahr, passiert erst im Gehirn und nicht im Rezeptor selbst. 

Eine weitere Art von Rezeptoren bilden die sogenannten Mechanorezeptoren, die mechanische Signale (z. B. Druck) in eine elektrische Erregung umwandeln. Wenn du beispielsweise die Haut berührst, wird diese Berührung in ein elektrisches Signal umgewandelt, welches dann zu deinem Gehirn geschickt wird.

Von diesen Rezeptoren gibt es ganz viele verschiedene, unter anderem in der Haut, aber auch in der Muskulatur wie die Muskelspindeln oder das Golgi-Sehnenorgan, die eben die Muskellänge und die Spannung wahrnehmen können und diese dann in ein elektrisches Signal umleiten.

Dieses Signal kann dein Gehirn dann verstehen und interpretieren, um darauffolgend eine adäquate Antwort zu generieren, den sogenannten Output. Aber wie gesagt, dazu kommen wir gleich noch.

Dann gibt es noch sogenannte Thermorezeptoren, die für das Wärmeempfinden wichtig sind, Chemorezeptoren, die eben chemische Veränderungen wie z. B. den pH-Wert wahrnehmen und das dann zu deinem Gehirn schicken oder elektromagnetische Rezeptoren. 

All diese Informationen werden wie gesagt von diesen Rezeptoren aufgenommen. Diese werden dann in elektrische Signale umgeleitet, die dann zu deinem Gehirn geschickt werden, um dort verarbeitet zu werden. Dieser Punkt wird in folgendem Abschnitt behandelt.

Schritt #2: Interpretation 

Hier geht´s um die Verarbeitung der Informationen im Gehirn.

Informationen werden in deinem Gehirn ganz unterschiedlich verarbeitet, je nachdem, welche Assoziationen du in deinem Gehirn bis jetzt bereits gemacht hast.

In deinem Leben als kleines Kind z. B. wusste man ja noch nicht, dass es unglaublich schmerzhaft ist, ein Bügeleisen oder eine Herdplatte anzufassen und dass man es eigentlich nicht machen sollte.

Deswegen gab es diese Assoziation von “Achtung, sehr heiße Temperatur”, welche durch die Thermorezeptoren wahrgenommen wird, zu “Schmerz” noch nicht und deswegen wusste das Kind auch noch nicht, dass es das lassen soll.

Aber durch diese einmalige Erfahrung hat sich dieses Muster, dieses Pattern, im Gehirn abgespeichert und das nächste Mal, wenn dieses MusterHand geht zu einem sehr heißen Gegenstand” auftritt, dann wird das Gehirn denken “Oh, das war ganz blöd damals. Ich lass das lieber mal”, weil es dieses Muster erkannt hat.

Diese Interpretation von Informationen funktioniert so unglaublich schnell, nämlich innerhalb von 1/12.000 einer Sekunde. 

Der Grund dafür ist relativ einfach: Dein Nervensystem bestehend aus deinem Gehirn, dem Rückenmark, den ganzen Nervenenden und den Rezeptoren hat primär als einzige Funktion oder Hauptfunktionen die Überlebenssicherung, also das Wichtigste überhaupt, zur Aufgabe.

Gleich danach sorgt es für Bewegung.

Dies sind die beiden Funktionen, die dein Nervensystem hat und alles andere ist zweitrangig. 

So viel zum Thema Informationsverarbeitung im Gehirn. Jetzt haben wir den Input, also alle Informationen, die zum Gehirn geschickt werden und die Interpretation dieser behandelt.

Jetzt kommen wir zum Output, sprich, welche Signale werden von deinem Gehirn in den Körper rausgeschickt. 

Schritt #3: Output

Diese aus dem Gehirn gesendeten Signale sind maßgeblich von Input und Interpretation abhängig, je nachdem, wie gut die Informationen sind, welche Informationen die Rezeptoren zu deinem Gehirn schicken, wie gut die Pattern Recognition in deinem Gehirn funktioniert oder wie gut diese Informationen in den verschiedenen Gehirnzentren verarbeitet werden.

Wenn diese z.B. über einen längeren Zeitraum sehr inaktiv waren, ist die Verarbeitung deutlich schlechter, als wenn sie sehr aktiv waren.

Das heißt, je nachdem, wie diese beiden ersten Punkte ablaufen, kommt ein unterschiedlicher Output, also eine unterschiedliche Antwort von deinem Gehirn zustande.

Wenn man das verstanden hat, dann gibt der Spruch:

"Sensory before motor."

auch viel mehr Sinn (übrigens gibt etwas Sinn und nicht macht Sinn 😉).

Sensorische Informationen, also Input, kommen demnach immer vor dem Output.

Wenn dein Gehirn also nicht genau weiß, was die aktuelle Situation von dir, von der Umwelt und in deinem Körper ist, weiß es auch gar nicht, wie es auf diese Informationen reagieren soll.

Hat das Gehirn also keine Ahnung, was hier gerade abgeht, dann kann es sein, dass es schlechten Output generiert, weil es sich gerade total unsicher fühlt und das Gefühl hat, dass dein Körper bzw. dein Nervensystem in Gefahr ist und etwas dagegen machen muss.

Dabei entstehen dann Schutzreaktionen wie erhöhte Muskelspannung, eine reduzierte Beweglichkeit, eine reduzierte Kraft oder eventuell auch Schmerz.

Hierbei müssen wir jetzt verstehen, dass es nicht alleinig um das Überleben geht oder dass der Körper nicht in Gefahrensituationen kommt.

Wenn deine Augen als Beispiel nicht so gute Informationen zu deinem Gehirn schicken und die nicht so gut verarbeitet werden, dann wird deine Leistungsfähigkeit herabgesetzt.

Bist du nun also Hochleistungssportler – z. B. Fußballer – und kannst dein Umfeld nicht gut wahrnehmen, weil deine Augen nicht so gut funktionieren, dann wirst du niemals die Höchstleistung erreichen können.

Deswegen geht es hierbei nicht nur um Schmerz und Leute, die in Gefahrensituationen sind, sondern einfach um die Verbesserung deiner Leistungsfähigkeit.

Und daher ist dieses Neuroathletik Training, wenn man es so nennen möchte, extrem relevant für dich. 

Bleiben wir beim Fußballer-Beispiel:

Du bist Mittelfeldspieler und musst immer deine Mitspieler und Gegenspieler um dich wahrnehmen, der Ball fliegt irgendwo über deinem Kopf herum, dann sprechen wir von der peripheren Wahrnehmung.

Wenn du all das besser wahrnehmen kannst, dann kann dein Gehirn auch viel bessere Antworten generieren, damit du weißt “Okay, welchen Laufweg muss ich jetzt einschlagen?”.

Wenn wir aber diese Spieler rechts und links direkt neben uns aufgrund einer schlechten peripheren Wahrnehmung nicht sehen können, sondern erst dann, wenn sie weiter vorne stehen, ist es möglicherweise schon zu spät und daher verändert sich auch der Output und deine Leistungsfähigkeit.

Zusammenfassung

So viel zur Funktionsweise des Gehirns.

Ich fasse nochmal kurz zusammen:

Die drei wichtigsten Punkte sind Input, Interpretation/Verarbeitung und Output. Input über die Umwelt (die Exterozeption), die Interozeption – im Körper – und die sogenannte Propriozeption – die Selbstwahrnehmung. 

Dann Punkt zwei, die Interpretation anhand der sogenannten Pattern Recognition. Welche Muster konnte dein Gehirn bisher in deinem Leben abspeichern, um dann schneller Antworten generieren zu können, weil Muster erkannt werden und nicht einzelne Punkte?

Und zuletzt Punkt drei, der Output. 

Je nachdem, welche Informationen zu deinem Gehirn kommen und wie sie verarbeitet werden, kommt ein unterschiedliches Antwortsignal aus deinem Gehirn, um für dein Überleben durch Bewegung zu sorgen. Das ist die Funktionsweise des Gehirns. 

So sieht das Ganze nochmal schön bildlich dargestellt aus (du kennst die Darstellung schon aus dem Grundlagen Artikel).

Neuroathletik Training - Input Interpretation Output

Ich hoffe sehr, dass ich das Thema einigermaßen verständlich rüberbringen konnte.

Wenn du irgendwelche Fragen zu diesem Thema hast, dann schreib uns gerne via Instagram oder per Mail.

Ansonsten würde mich interessieren, ob du noch mehr über dieses Thema der Neurologie erfahren willst?

Schreib uns dafür auch sehr gerne, weil wir dann auch mehr Artikel in diesem Bereich veröffentlichen werden. Ich bin mir sicher, dass unglaublich viele davon profitieren würden.

Ansonsten, wenn dir der Artikel gefallen hat, würde ich mich sehr darüber freuen, wenn du den Artikel mit deinen Sportlerinnen, Sportlern und Freunden teilst, damit auch sie davon profitieren können. 

Bleib’ in Bewegung!

Gino

PS: Das Beitragsbild habe ich von Depositphotos

Gratis Neuroathletik Kurs 💌

Du möchtest noch mehr über Neuroathletik lernen? Dann melde dich für unseren kostenlosen E-Mail Kurs an!

Weitere Beiträge

Neuroathletik Augentraining – Das solltest du wissen

Willst du mehr über Neuroathletik Augentraining erfahren? Wenn du dich für das Thema des Neuroathletik Trainings interessierst, dann weißt du, dass die Augen, also das visuelle System, das wichtigste bewegungssteuernde System ist. Wieso das Ganze so ist und was die Hauptaufgaben des visuellen Systems sind, das erfährst du in diesem Artikel.

Weiterlesen »