Neuroathletik Gleichgewicht – Anatomie und Funktionen

Neuroathletik Gleichgewicht – Anatomie und Funktionen

Du interessierst dich für Neuroathletik Gleichgewicht?

Das vestibuläre System im Innenohr ist das zweitwichtigste bewegungssteuernde System deines gesamten Nervensystems.

Wenn du also dein Gleichgewicht verbessern möchtest, dann solltest du Bescheid wissen, was da genau abläuft. Und genau das erfährst du in diesem Artikel.

Anatomie der Ohren

Zu aller erst beginnen wir mit den drei Hauptbestandteilen deines Ohrs.

1 | Semicircular Canals (Bogengänge): Informationen dazu später
2 | Otolith/Makula Organe (Vorhofsäckchen): Sacculus & Utriculus
3 | Cochlea (Hörschnecke): Die Cochlea ist für das Hören zuständig

Neuroathletik Gleichgewicht Anatomie

Selbstverständlich ist es unglaublich wichtig für deine Leistungsfähigkeit und für das Überleben, dass du gut hören kannst. Aber da werden wir jetzt nicht näher darauf eingehen, weswegen wir die Cochlea aus diesem Artikel herauslassen.

Die Bestandteile des Gleichgewichtssystems

Dafür fokussieren wir uns auf das Gleichgewichtssystem, welches aus den anderen beiden Bestandteilen, nämlich den Bogengängen und den Otolith Organen besteht.

Dabei ist es wichtig zu wissen, dass man – ähnlich wie beim Hören – rechts und links fünf Gleichgewichtsorgane besitzt.

Diese Gleichgewichtsorgane wären:

1 | Vorderer Bogengang
2 | Hinterer Bogengang
3 | Horizontaler Bogengang
4 | Sacculus
5 | Utriculus

1. Die Bogengänge

Wir haben drei Bogengänge, die ähnlich eines dreidimensionalen Koordinatensystems entgegengesetzt zueinander ausgerichtet sind.

Darin befindet sich eine Flüssigkeit, sprich wenn ich jetzt meinen Kopf nach links oder nach rechts drehe, verschiebt sich die Flüssigkeit im horizontalen Kanal.

Wird das nun registriert, dann werden Informationen zu meinem Gehirn über die Position meines Kopfes z. B. im Raum gesendet.

Die Bogengänge messen also zirkuläre Bewegungen des Kopfes nach rechts, links, oben und unten.

2. Die Otolith Organe (Vorhofsäckchen)

Aber natürlich sind nicht nur zirkuläre, also kreisförmige Bewegungen möglich, sondern wir können uns auch linear bewegen, sprich nach rechts, links, oben und unten, ohne dabei den Kopf zu bewegen (z. B. Squats).

Solche Bewegungen müssen auch von irgendwelchen Gleichgewichtsorganen wahrgenommen werden, was dann Aufgabe der Vorhofsäckchen, also der Otholit Organe ist.

Diese Vorhofsäckchen enthalten auch Flüssigkeit und kleine Kalciumcarbonat Kristalle, die genau diese Bewegungen nach oben und unten, rechts und links im Raum wahrnehmen können.

Für die Bewegung nach oben und unten ist der Sacculus zuständig, für die Bewegung nach vorne, hinten, rechts und links der Utriculus.

Die 5 Funktionen des Gleichgewichtsystems

Nachdem du jetzt weißt, wie das Gleichgewichtssystem aufgebaut ist, verstehst du diese fünf Funktionen gleich deutlich besser.

1. Blickfixation bei Kopfbewegung

Dabei handelt es sich wieder um den vestibulookulärer Reflex, dem Zusammenspiel zwischen Gleichgewicht und der Augen.

Mehr Informationen im Artikel Neuroathletik – visuelles System einfach erklärt (Augentraining)

2. Die Ausrichtung zur Schwerkraft

Diese Funktion ist nicht nur wichtig für die Frage, wo oben und unten ist, sie dient vielmehr auch der Vorhersehbarkeit von Situationen.

Wird im Fußball beispielsweise eine Flanke geschlagen (Ball kommt von oben), dann kannst du in deinem Gehirn vorhersehen, wie sich der Ball zum Verhältnis zur Schwerkraft jetzt weiterbewegen wird.

Deswegen kannst du die Situation besser vorhersagen, wodurch sich dein Gleichgewichtssystem und deine Augen dementsprechend besser zum Ball ausrichten können, weil du die voraussichtliche Flugbahn des Balles schon erwartest.

3. Die Bewegungsrichtung/-geschwindigkeit

Jeder Mensch hat kleine Härchen im Innenohr, die Bewegungen wahrnehmen können.

Je schneller man sich nun bewegt, desto mehr Härchen werden aktiviert und desto mehr Informationen werden zum Gehirn geschickt.

Diese Informationen, wie schnell und wohin man sich bewegt, haben einen Einfluss auf das Überleben und die Leistungsfähigkeit.

4. Regulation der Wirbelsäulenmuskulatur

Diese Regulationen kannst du selbst nicht willentlich beeinflussen.

Verlagere ich beispielsweise mein Gewicht von links nach rechts, verändert sich automatisch die Spannung der Muskulatur entlang der Wirbelsäule.

Ich muss nicht überlegen, ob ich aufrecht stehe, das macht mein Körper automatisch durch den sogenannten vestibulospinalen Reflex.

Dies hat natürlich auch Einflüsse auf die Herangehensweise an Dinge wie Rückenschmerzen, Muskeldisbalancen oder Ähnlichem, weil man nicht nur einzelne Strukturen betrachtet.

Im Gegenteil. Anstatt nur einzelne Strukturen wie dem Muskeltonus zu begutachten und daraus ein Ausgleichstraining abzuleiten, um einer Disbalance entgegenzusteuern, können wir auch ein mögliches Ungleichgewicht der Aktivierung im Gleichgewichtssystem in Betracht ziehen.

Eventuell liegt das Problem gar nicht an den einzelnen Strukturen, sondern vielmehr daran, dass beispielsweise die linke Seite mehr aktiviert, also mehr Spannung links, und die rechte Seite weniger aktiviert wird und weniger Spannung rechts aufbaut.

In solch einem Fall brächte es dann nichts, andauernd Ausgleichstraining zu betreiben, wenn dein vestibuläres System aber den Rest des Tages immer komplett andere Informationen nach unten zur Wirbelsäule schickt.

Daraus würde sich nur wieder ein Ungleichgewicht entwickeln, denn das System fordert weiterhin mehr Spannung links und weniger Spannung rechts.

Hier stehen sich wieder die symptomorientierte Therapie und die ursachenorientierte Therapie gegenüber.

Arbeiten wir an der Muskelspannung und sorgen hier für Ausgleich oder betrachten wir die Ursache, also das Gleichgewichtssystem, und arbeiten daran?

5. Regulation von Blutdruck und Atmung

Daran denken die Wenigsten, aber eigentlich ist das Ganze sehr logisch.

Liegst du beispielsweise in Rückenlage, dann hast du einen ganz anderen Blutdruck, als wenn du ganz schnell aufstehst. Dein Gehirn muss nun rückmelden, dass du jetzt stehst, eine andere Blutverteilung von Nöten ist etc.

Dieser Vorgang basiert auf dem vestibulosympathischen Reflex.

Dazu musst du wissen, dass der Sympathikus ein Teil des vegetativen Nervensystems ist, der beispielsweise die Eng- und Weitstellung der Blutgefäße beeinflusst.

Zudem haben wir aber auch den vestibulorespiratorischen Reflex, dass sich die Atmung auch verändert, je nachdem, ob du in Rücken- oder Seitlage bist oder ob du stehst.

So viel erstmal zu den fünf Hauptaufgaben des Gleichgewichtssystems.

Für dich noch als kleinen Ausblick:

Die Gleichgewichtskerne werden durch den Nucleus fastigii im mittleren Teil des Kleinhirns aktiviert. Bedeutet das Kleinhirnproblematiken einen großen Einfluss auf dein Gleichgewichtssystem auf der gleichen Seite haben können.

Stellt man beim Anwenden von Kleinhirntests im Seitenvergleich z. B. fest, dass die rechte Seite viel besser ist als die linke, sollte man dann auch mal Übungen für das Kleinhirn in Erwägung ziehen.

Dabei sieht man dann, wie sich dadurch die Aktivierung der Kerne für das Gleichgewichtssystem verändert.

Genaueres dazu würde den Rahmen dieses Artikels jedoch sprengen.

Wie du ganz gezielt an diesen fünf vestibulären Organen arbeiten und trainieren kannst, dazu erscheint demnächst ein Artikel mit Martina Barth.

Wenn du irgendwelche Fragen zu diesem Thema hast, dann schreib uns gerne via Instagram oder per Mail.

Ansonsten hoffe ich sehr, dass dir dieser Blog Artikel weitergeholfen hat.

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann würde ich mich sehr darüber freuen, wenn du den Artikel mit deinen Freunden, Bekannten etc. teilst.

Bleib’ in Bewegung!

Gino

PS: Das Beitragsbild ist von Aziz Acharki.

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